Erster Satz:
"Ich sitze auf der Rückbank im Auto meiner Eltern."
Durchhaltevermögen! Das ist es, was man auf jeden Fall für diesen Roman braucht! Nicht im Hinblick auf eine gähnend langweilige Handlung, nein, durchaus nicht - eher im Hinblick auf die beiden Hauptprotagonisten. Denn die sind fünfzehn. Und leider sind ihre Dialoge auch dementsprechend.
Nun gut, andererseits wirkt der Roman dadurch auch sehr authentisch (auch wenn der Rest der Handlung zwar unterhaltsam aber voller Klamauk und Situationskomik ist), nur braucht man wirklich eine Engelsgeduld, um das sich ständig wiederholende "Alter" oder "XY, die Sau" zu ertragen. Auch fragt man sich, wie wiederum Charakter Philipp sein Leben überhaupt erträgt, denn er findet so ziemlich alles "ekelig".
Philipp ist die treibende Kraft in dieser Geschichte, stiftet zu Blödsinn an und übernimmt meistens das Kommando. Dass er Angst im Dunkeln hat und in einfachen Schatten die gruseligsten Dinge vermutet, weiß natürlich keiner von seinen Freunden. Weder der dicke Borawski, der ihm folgt wie ein Hund und dabei Kette raucht, noch der dusselige Ingo, der schon ein Auto und eine Wohnung hat, was auch das einzige ist, das ihn als Freund qualifiziert.
Diesen Sommer wird sich jedoch alles ändern, denn Philipp plant eine großangelegte Racheaktion - im Schlepptau natürlich Borawski. Und Ingo. Weil man eben ein Auto braucht.
Philipps Französischlehrer Monsieur Mairasse hat ihm eine glatte Sechs gegeben, da auch nach zwei Jahren Unterricht bei Philipp so überhaupt gar nichts hängengeblieben ist. Eine glatte Sechs bedeutet jedoch auch, dass Philipp nun eine Ehrenrunde drehen muss, was ihm natürlich gar nicht in den Kram passt. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass Borawski ebenfalls sitzengeblieben ist.
Aus einer bekifften Bierlaune heraus entwickelt sich ein Plan, wie man sich am verhassten Französischlehrer rächen kann: Der erzählt immer voller Hingabe und mit Tränen in den Augen von seinem kleinen südfranzösischen Heimatdorf und der dort stehenden Statue seines Großvaters, der ein Kämpfer der Résistance war. Im Wohnort der Jungs steht ein Denkmal eines Wehrmachtssoldaten - wie könnte man Monsieur Mairasse also mehr schockieren, als bei beiden Statuen die Köpfe abzuschlagen und zu vertauschen?
Soweit der grobe Plan. - Bei der Umsetzung hapert es dann an vielen Stellen, natürlich. Was mich jedoch die ganze Zeit immens beeindruckt hat, war der unerschütterliche Wille und die Hartnäckigkeit, mit der die Jungs auch in ausweglosen Situationen vorgehen. Erst zu dritt, nach 300 Kilometern schon nur noch zu zweit, da Ingo aufgrund von Dope-Mangel keinen Bock mehr hat und Philipp und Borawski mit dem 30 kg schweren Wehrmachtskopf irgendwo in Süddeutschland einfach stehen lässt.
Nun heißt es also: laufen, trampen und dabei 30 kg Beton schleppen. Das Ganze mit kaum Geld in der Tasche, ohne Landkarte und ohne die geringsten Französischkenntnisse. Aberwitzige Situationen und die Begegnung mit skurrilen Typen sind auf dieser Reise natürlich an der Tagesordnung.
Die beiden ziehen es tatsächlich durch und entwickeln sich im Laufe der Reise ein ganzes Stück weiter. Nehmen nicht mehr alles auf die leichte Schulter, machen sich Gedanken und festigen ihre Freundschaft.
Und auch wenn schließlich in Südfrankreich die Probleme erst richtig losgehen, lassen sie sich nicht beirren. Aufgeben ist keine Option, was sich wie ein roter Faden durch das komplette Buch zieht.
Vom Stil her sehr einfach und schnörkellos gehalten mit teilweise (wie schon weiter oben erwähnt) grauenvollen Dialogen und der Aussage "Geht nicht gibt`s nicht!" hat mich dieses Buch recht gut unterhalten, weiterempfehlen würde ich es aber nur bedingt. Wer auf Roadtrips steht und über pubertäres Geschwätz hinwegsehen kann, keine Probleme mit Drogen, Alkohol und Selbstbefriedigung hat (Die Jungs sind fünfzehn, was denkt denn Ihr?), der wird mit dieser Geschichte sicherlich ein paar Stunden unterhalten werden.
MEIN FAZIT lautet: 3 VON 5 GLITZERSTERNEN
INFOS ZUM BUCH
TITEL: Heldensommer
AUTOR: Andi Rogenhagen
VERLAG: Atlantik (www.atlantik-verlag.de)
ISBN: 978-3-455-00459-5
ERSCHIENEN im Juli 2018
FORMAT: Taschenbuch
SEITEN: 352
PREIS: 10,00 Euro
Offenlegung: Diese Ausgabe von "Heldensommer" wurde mir zu Rezensionszwecken vom Atlantik-Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt. Diese Tatsache beeinflusst jedoch nicht meine Meinung über Aufmachung und/oder Inhalt, denn wie immer gilt: MEIN BLOG - MEINE MEINUNG!
Kommentar schreiben
Shadownlight (Montag, 28 Januar 2019 14:13)
Danke für das Review!
Hab einen guten Start in die Woche!